Vier Tage Singen

Deutsches Chorfest 2016 in Stuttgart

 

Vom 26. bis 29. Mai fand in Stuttgart das Deutsche Chorfest 2016 statt. Über 15.000 Sängerinnen und Sänger in mehr als 400 Chören und Vokalensembles kamen an den vier Tagen in die baden-württembergischen Landeshauptstadt. Über 700 Veranstaltungen gingen im Rahmen des Chorfestes über die Bühne und über 100 Gruppen nahmen am Wettbewerb teil. An diesen Tagen war Stuttgart tatsächlich ganz Chor – und der Hessische Sängerbund war mit seinen Chören mittendrin und mit dabei.

 

33 Chöre aus dem Hessischen Sängerbund (HSB) waren nach Stuttgart angereist. Sie wollten Konzerte geben, viel Musik hören, am Wettbewerb teilnehmen, die Stimmung genießen und sich Anregungen für die eigene musikalische Arbeit holen.

 

Reine Frauensache!

05 1 Reine Frauensache webEine großartige Anregung für die Arbeit der Frauenchöre lieferte der Hessische Sängerbund mit der Präsentation „Reine Frauensache!“ am Samstagnachmittag im Hegel-Saal der Stuttgarter Liederhalle. Gemeinsam mit dem Musikverlag Edition Peters stellte der Hessische Sängerbund dort das neue Chorbuch „Reine Frauensache!“ vor, das pünktlich zum Deutschen Chorfest fertig geworden war. Das Projektteam hatte dazu Frauenchöre und Einzelsängerinnen eingeladen und rund 600 Teilnehmerinnen aus über 30 Chören waren der Einladung gefolgt. An manchen Orten waren aus diesem Anlass sogar spezielle Projekt-Frauenchöre gegründet worden.

 

Die für das Konzert ausgewählten Titel mussten sich die Sängerinnen weitgehend eigenständig erarbeiten. Der HSB unterstützte die Arbeit im Vorfeld allerdings mit vier Regionalworkshops. Entsprechend hatte keiner der Verantwortlichen eine Vorstellung, wie der Projekttag ablaufen würde. Der Zeitplan war eng gestrickt, da der Hegel-Saal, in dem das Konzert am Nachmittag stattfinden sollte, nur für knappe 90 Minuten für eine Generalprobe zur Verfügung stand. Und vor dem Konzert mussten auch noch die Chorbücher an die Teilnehmerinnen ausgegeben worden. Diese waren nämlich erst zwei Tage vor dem Konzert frisch aus der Druckerei direkt nach Stuttgart geliefert worden. Für die Vorbereitungen hatte der Peters-Verlag den Sängerinnen allerdings Notenauszüge als PDF zur Verfügung gestellt.

 

Dank guter Vorbereitung lief die Ausgabe der 600 Chorbücher am Samstagmorgen ohne Probleme und pünktlich um 10 Uhr hatten sich alle Teilnehmerinnen im Hegel-Saal zur Stell- und Generalprobe versammelt. Wer vom Organisationsteam und von den Teilnehmerinnen bis zu diesem Moment noch Zweifel am Erfolg des Projektes gehabt hatte, war spätestens nach der Generalprobe überzeugt: Das Konzert wird eine ganz große Sache! Und das nicht nur, weil der Chor so groß war.

 

Pünktlich um 17 Uhr startete dann das Konzert. 200 Sängerinnen auf der Bühne und weitere gut 400 in den ersten Reihen des Hegel-Saals begannen zu singen. Auf dem Programm stand die komplette Bandbreite des Repertoires für Frauenchor. Zu hören waren unter anderem Volkslieder wie Vetter Michel, klassische Kompositionen wie Da pacem von Charles Gounod oder auch Pop-Musik wie der Schlager Eine neue Liebe ist wie ein neues Leben. Die musikalische Leitung des riesigen Projektchores hatten die Mitglieder des Herausgeberteams Jürgen Faßbender, Uwe Henkhaus, Jochen Stankewitz und Ernie Rhein, sowie die Mitglieder des HSB-Bundesmusikausschusses Axel Pfeiffer und Mark Opeskin. Sängerinnen aus den Chören der sechs Dirigenten bildeten auch den Konzertchor auf der Bühne. Dieser sang im Laufe des Konzerts mal alleine, mal zusammen mit den Teilnehmerinnen im Saal.

 

Jedes Stück wurde von den rund 1200 Zuhörern im fast vollständig gefüllten Hegel-Saal mit begeistertem Applaus bedacht. Für Gänsehaut-Momente sorgten vor allem zwei Werke: gleich am Anfang das energiegeladene Viva la musica von Ilze Arne und gegen Ende des Konzertes Sarah Quartels einfühlsame Komposition I remember, die allen Frauen gewidmet ist, die gerne singen.

 

Begeistert zeigten sich auch die offiziellen Vertreter von Hessischem Sängerbund, Deutschem Chorverband und Peters-Musikverlag. Claus-Peter Blaschke, der Präsident des Hessischen Sängerbundes und Vizepräsident des Deutschen Chorverbandes, dankte dem Herausgeberteam des Chorbuches für die hervorragende Arbeit. Er verwies auf die Bedeutung von guter Literatur und gut ausgebildeten Dirigenten für die Chorszene. Er freute sich, dass der Hessische Sängerbund gerade in dieser Hinsicht ganz besonders gut aufgestellt ist.

 

Elvira Aisch vom Musikverlag Edition Peters verlas ein Grußwort vom Hermann Eckel, dem scheidenden Direktor von Peters Deutschland. Er danke ebenfalls den Herausgebern, die mit beeindruckender Repertoire-Kenntnis und unglaublicher Energie die „Reine Frauensache!“ überhaupt erst ermöglicht hätten. Er lobte aber auch den Hessischen Sängerbund und den Deutschen Chorverband. Diese hätten mit Leuchtturmveranstaltungen wie der „Reinen Männersache!“ vor vier Jahren in Frankfurt und jetzt mit der „Frauensache“ der deutschen Chorszene einen unglaublichen Anschub und viel Aufmerksamkeit verschafft.

 

Auch Dr. Henning Scherf, der Präsident des Deutschen Chorverbandes, gratulierte dem hessischen Landesverband zur gelungenen Veranstaltung. Wieder einmal hätten sich die Hessen etwas Unmögliches vorgenommen und ein beeindruckendes Ergebnis abgeliefert.

 

Nach dem Konzert zeigten sich sowohl die teilnehmenden Sängerinnen als auch das Publikum begeistert. Etliche Teilnehmerinnen ließen sich sogar die neuen Notenbücher vom Herausgeberteam signieren. Insgesamt war das Projekt „Reine Frauensache!“ ein großer Erfolg. Und ähnlich wie bei der „Reinen Männersache!“ wird es in absehbarer Zeit wohl auch vom Frauenchor-Buch einen zweiten Teil geben.

 

Wettbewerb

Im Rahmen des Deutschen Chorfestes wurde auch ein Wettbewerb ausgetragen. Die teilnehmenden Chöre konnten sich in elf Kategorien mit je zwei Schwierigkeitsstufen messen. Auch hier war der Hessische Sängerbund gut vertreten und erfolgreich. Acht HSB-Chöre traten in den unterschiedlichen Kategorien an. Und zwei Chöre konnten sich in ihrer Klasse sogar über die jeweils beste Platzierung freuen. In der Kategorie „Romantik weltlich – Stufe 2“ erreichte der Chor ‘84 Obertshausen unter der Leitung von Martin Trageser mit 20,0 Punkten und dem Prädikat „Mit gutem Erfolg teilgenommen“ die beste Platzierung. Der MGV „Liederkranz“ Fussingen dirigiert von Konstantin Funk kam hier mit 18,0 Punkten auf den vierten Platz.

 

Die Junge Kantorei Bad Soden mit Dirigent Tobias Landsiedel konnte sich gleich in zwei Kategorien den ersten Preis ersingen. Sie ging aus dem Wettbewerb in den Sparten „Jazz / Pop / Gospel“ (23,6 Punkte, „Mit hervorragendem Erfolg teilgenommen“) und „Zeitgenössische Chormusik – Stufe 2“ (23,3 Punkte, „Mit hervorragendem Erfolg teilgenommen“) als Sieger hervor.

 

In der Kategorie „Weltmusik / Folklore“ wurde Pro Musica Karben unter der Leitung von Hubert-Thorwald Reuter mit dem 2. Preis ausgezeichnet (22,0 Punkte, „Mit sehr gutem Erfolg teilgenommen“) der CanTaunus mit Dirigent Wolfgang Gatscher erhielt den 3. Preis (21,0 Punkte, „Mit sehr gutem Erfolg teilgenommen“).

 

Die Ergebnisse aller teilnehmenden HSB-Chöre finden sie im Kasten. Die vollständigen Wettbewerbsergebnisse gibt es im Internet unter www.chorfest.de.

 

Wettbewerbsergebnisse der HSB-Chöre:

  • Alte Musik / Klassik – Stufe 2: MGV „Fidelio“ Eschhofen (Frank Sittel) – 18,0 – Mit gutem Erfolg teilgenommen – (4. Platz)
  • Folklore / Weltmusik: Pro Musica Karben (Hubert-Thorwald Reuter) – 22,0 Mit sehr gutem Erfolg teilgenommen – 2. Preis / CanTaunus (Wolfgang Gatscher) – 21,0 – Mit sehr gutem Erfolg teilgenommen – 3. Preis
  • Jazz / Pop / Gospel: Junge Kantorei Bad Soden (Tobias Landsiedel) – 23,6 – Mit hervorragendem Erfolg teilgenommen – 1. Preis / BlueNotes e.V (Markus Detterbeck) – 22,0 – Mit sehr gutem Erfolg teilgenommen – (4. Platz) / TonArt – 14,6 – Mit Erfolg teilgenommen –(22. Platz)
  • Romatik weltlich – Stufe 2: Chor ‘84 Obertshausen (Martin Trageser) – 20,0 – Mit gutem Erfolg teilgenommen – (1. Platz) / MGV „Liederkranz“ Fussingen (Konstantin Funk) – 18,0 – Mit gutem Erfolg teilgenommen – (4. Platz)
  • Zeitgenössische Chormusik – Stufe 2: Junge Kantorei Bad Soden (Tobias Landsiedel) – 23,3 – Mit hervorragendem Erfolg teilgenommen – 1. Preis / Chor ’84 Obertshausen (Martin Trageser) – 18,0 – Mit gutem Erfolg teilgenommen – (7. Platz) / MGV „Fidelio“ Eschhofen (Frank Sittel) – 16,0 – Mit gutem Erfolg teilgenommen – (9. Platz)

 

Überall Singen

07 1 Schlossplatz webNatürlich wurde im Rahmen des Deutschen Chorfestes überall in Stuttgart gesungen. Man konnte von einem Aufführungsort zum anderen spazieren oder sich einen Konzertsaal aussuchen und dort die aufgeführte Musik genießen. Eine besondere Anziehungskraft hatten allerdings die Nachtklang-Konzerte, die am Freitag und Samstag jeweils um 19 Uhr begannen. Hier waren die Auswahl- und Profi-Ensembles wie der Deutsche Jugendkammerchor, der Jazzchor Freiburg, der Kammerchor Berlin oder das Ensemble „The Swingles“ zu hören. Für jeden Musikgeschmack war etwas dabei. Besonders erfreulich für Hessen: Der Jugendchor des Hochtaunuskreises unter der Leitung von Tristan Meister hatte im Rahmen der Nachtklang-Konzerte ebenfalls einen viel bejubelten Auftritt im Mozart-Saal der Liederhalle.

 

Lutz Berger